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Die brennende Stadt

  In einer Stadt entstehen ständig Brände, mal brennt eine Lagerhaus, mal ein Wohnhaus und mal eine Schule. Oft brennt plötzlich sogar die Straße oder ein Fußweg, obwohl anscheinend nichts Brennbares vorhanden ist. Die Stadt liegt über  einem Gaskessel, der schmale Kanäle nach oben hat, weil hier früher nach verwertbaren Gas gesucht wurde. Sobald Gas austritt und sich mit Luft vermischt, entsteht ein explosives Gemenge. Schon ein kleiner Funke genügt und es entzündet sich.

 Dies wissen aber die Menschen in der Stadt nicht. Durch die ständigen Brände werden sie immer nervöser, ihre Angst steigert sich bis zur Hysterie. Auch die Polizei, die vermehrt Streife geht, kann keine Brandstifter dingfest machen. Oft sehen die Menschen plötzlich ein Feuer entstehen, obwohl kein Mensch in der Nähe des Brandherdes gewesen ist. Man kann in dem Ort kaum noch ein normales Leben führen.

 Damit die Brände aufhören, bilden sich zwei Lager, die mit unterschiedlichen Maßnahmen gegen das Feuer  vorgehen wollen. Die einen heizen die Hysterie an, machen unter ihren Mitbewohnern Sündeböcke aus. Eine ungewöhnlichen Geste, eine andere Hautfarbe, ein auffälliges Benehmen oder nur ein ängstlicher Blick wird zur Stigmatisierung von Menschen genutzt. Es werden Gerüchte gestreut, schwelende Nachbarschaftskonflikte brechen auf und äußern sich in Denunziationen. Schließlich organisiert sich eine politische Gruppe, die alle diese Ängste aufgreift und auf ihrer Meinung nach andersartige Bevölkerungsteile kanalisiert. Diese Gruppe, die von den Vermögenden finanziert wird, beruft Versammlungen ein. Hetzreden werde gehalten, Verräter unter sich ausgemacht. Die Angst organisiert sich in einem kollektiven Wir-Gefühl des Wahns. Bürgerwehren bilden sich und horten Waffen vom Baseballschläger bis zur Schusswaffe. Es bildet sich ein Schwarzmarkt für illegale Waffen, den Kriminelle etablieren, um an der Angst zu verdienen. Die Stadt gerät an den Rand eines Bürgerkriegs, Lynchmorde deuten sich an.

 Die andere Gruppe appelliert an die Vernunft der Menschen. Es müsse eine rationale Ursache der Brände gefunden werden, die man erforschen müsse. Für alles gebe es eine Erklärung. Wissenschaftler werden herbeigerufen. Sie stellen fest, dass ein brennbares, aber technisch nicht verwertbares Gas austritt. Sie schlagen Probebohrungen vor, um das Ausmaß der Gaslöcher herauszufinden. Doch die Stimmung ist inzwischen derart angeheizt worden, dass ihnen nur wenige glauben. Die meisten halten diese Art der Erklärung für ein Ablenkungsmanöver, um die Bevölkerung mit scheinbar natürlichen Erklärungen in die Irre zu führen. Entsprechend stimmt der Stadtrat auch nicht für Gelder, mit denen Probebohrungen hätten finanziert werden können. Fremde Firmen interessieren sich auch nicht für die Bohrungen, weil kein Gewinn zu erwarten sei. Die Vernünftigen organisieren eine Demonstration, um den wahren Sachverhalt ins Bewusstsein der Menschen zu heben, aber die meisten Passanten stehen ihnen ablehnend, einige sogar feindlich gegenüber. Eine Horde von Hooligans schließt sich am Ende der Demonstration an, um Rabatz machen zu können, was die Veranstalter veranlasst, ihren Marsch resigniert vorzeitig abzubrechen. 

Noch ist das Feuer nur Spiel - Osterfeuer!

 Diese Situation gleicht der unsrigen im Zeitalter des Krieges gegen den Terror, der in Wahrheit einer um Rohstoffquellen, Absatzmärkte, Kapitalanlagen und ausbeutungsfähiges  „Humankapital“ ist. Völker, Religionen und Kulturen werden zu Feindbildern hochstilisiert, um Gründe zu haben, den letzten Tropfen Öl zu ergattern. Das scheinbare Naturphänomen, das in Wirklichkeit eine Folge des Raubbaus an der Natur ist, und die dadurch verunsicherte Bevölkerung entsprechen der Naturwüchsigkeit einer unkontrollierbaren Ökonomie, die von einer leichenträchtigen Katastrophe in die andere schlittert. Diejenigen, die für eine vernünftige Erklärung der Ursachen eintreten und nach einsichtigen Lösungen suchen, stellen die Sozialisten in aller Welt dar, die aber wegen eigener Fehler und der übermächtigen und jahrhundertelangen Propaganda der Herrschenden kaum Gehör finden. Die durch den Desasterkapitalismus verunsicherten Menschen schlagen sich eher auf die Seite der Hysterisierer und Ressentimentgeladenen, weil sie alte Schemata des Bewusstseins bedienen, die von Kindheit an eingeübt worden sind. Die Vermögenden, die mit ihrer Katastrophenökonomie die täglichen Krisen erst erzeugt haben, neigen zur irrationalen Kanalisierung der Ängste und des Protestes, und sie greifen letztlich auch auf faschistische Schläger zurück, wenn sie ihre Vormacht gefährdet sehen. So scheint die Gesellschaft eher zu Grunde zu gehen, als dass eine Abschaffung der Brandursachen in Aussicht steht...

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Stand: 24. Juli 2006